Mittwoch, 25. Juni 2008

"Ein Kommunist und ein Porsche"

Im aktuellen Cicero wirbt Porsche mit einem Zitat Bertolt Brechts für seine zügigen Fortbewegungsmittel oder um korrekt zu sein: für den neuen 911 Carrera S. Um die Vorzüge des Wagens hervorzuheben wurde eine Stelle aus der Dreigroschenoper verwendet, dort heißt es:

"Und der Haifisch, der hat Zähne
Und die trägt er im Gesicht
Und Macheath, der hat ein Messer
Doch das Messer sieht man nicht."
Die Moritat von Mackie Messer, Bertolt Brecht (1928).

Nun mag man sich natürlich fragen welche Hintergedanken die Werbemacher hatten, als sie die Anzeige konzipierten. Also versuchen wir es mit einer Übertragungen des Brecht´schen Bildes auf den beworbenen Porsche:

Ein Porsche, zumal ein Porsche 911 Carrera S, wird gerne als aggressiver Vertreter deutscher Automobilkunst betrachtet und könnte somit mit einem Haifisch verglichen werden. Die Zähne wären somit die 6 Zylinder, die diesen Sportler nach vorne treiben. Allerdings offenbart die zweite Zeile des Zitats bereits Schwierigkeiten bei der Interpretation: Ein Porsche trägt vorn (im Gesicht) eben nicht seine Zähne, sondern nur seinen Kofferraum; der Motor ist hinten zu finden. Oder soll uns mitgeteilt werden, dass die Heckansicht die Vorderansicht des Porsches darstellt? Jermey Clarkson (ein leidenschaftlicher Verächter des Porsche Designs) würde diesem Aspekt sicherlich zustimmen, allerdings dürfte dies nicht die Intention der PR-Leute gewesen sein.


Wenn die Zylinder nun also die Zähne des Porsches darstellen und die Heckpartie des Porsches das Gesicht ist, wie sieht es nun mit dem Messer aus? Soll mit diesem ebenso eine Bluttat begangen werden, wie in der Moritat? Mit anderen Worten wollen die Werber uns mit ihrer verschlüsselten Botschaft tatsächlich ein Mordinstrument andrehen?

Ich muss gestehen, dass die Werbung auf mich alles andere als einen gelungenen Eindruck macht. Zwar muss ich gestehen, dass ich einem Porsche durchaus etwas abgewinnen kann.

Vielleicht hatten die Werber aber auch einfach nur ein schlechtes Gewissen in Zeiten von CO2-Debatte und steigenden Kraftstoffpreisen für einen Porsche zu werben. Denn jeder Porschefahrer wird Mut brauchen sich dem ökologisch korrekten Mitbürger zu erklären. Um diese Ambivalenz auszudrücken bedienten sich die Werbeleute also Brecht, der in seiner Dramentheorie forderte, dass sich der Schauspieler nicht mit seiner Rolle identifizieren dürfe, sondern die Rolle nur darstellen dürfe, es darf nicht die perfekte Illusion zu lassen. Dem Zuschauer dürfe keine Meinung aufgezwungen werden, sondern er müsse sehen, dass auch eine andere Welt (hier ohne Porsche?) möglich und erstrebenswert ist. Somit haben sich die Werber an Brechts epischer Dramentheorie nicht nur orientiert, sondern sogar entsprochen. Wer hätte das gedacht, eine Edelkarosse beworben mit den Vorgaben eines (Edel)Kommunisten?

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Und was schließen wir daraus?
Bitte alle Werbetexter zurück auf die Schulbank - in den Deutschunterricht!